Philipp Reis – Vorreiter und Idealist
Philipp Reis wurde am 7. Januar 1834 in Gelnhausen als Sohn eines Bäckermeisters geboren und besuchte die Bürgerschule seiner Heimatstadt, bis er 1845 in die Garniersche Privatschule in Friedrichsdorf eintrat. Hier wurde sein Interesse für Mathematik und Naturwissenschaften ebenso wie für Sprache geweckt. Am Hasselsche Institut setzt er seine Studien fort.
1845 absolvierte er auf Wunsch seines Vormundes eine kaufmännische Lehre in einem Drogen- und Farbwarenhandel. Während seiner Freizeit besuchte er die dortige Handelsschule, wo er den Chemie- und Physiklehrer Prof. R. Bötting kennenlernte und 1851 im Physikalischen Verein zu Frankfurt/Main Mitglied wurde. In dieser Zeit entstand in ihm die Idee, "die Tonsprache mittels Elektrizität mitzuteilen." (1)
Der Besuch von Vorträgen im Physikalischen Verein und ein intensiveres Studium der Naturwissenschaften waren Vorstufen für das sich anschließende Studium der Polytechnischen Vorschule von Dr. A. Poppe in Frankfurt/Main, das er als Lehrer beenden wollte. Sein früherer Lehrer Garnier, der seine Fähigkeiten schätzte, bot ihm jedoch eine Stelle als Lehrer an, so dass Reis 1858 an der Garnierschen Privatschule bis zu seinem frühen Lebensende arbeiten und forschen konnte.
Obwohl er kein vollständig ausgebildeter Lehrer war, verstand er es, seine Schüler mit interessanten Experimenten zu fesseln. 1859 heiratete Reis die Tochter seines Vormundes, mit der er zwei Kinder hatte. Einen großen Teil seiner Zeit verwandte er für Experimente. So entwickelte und baute er Messegeräte für die Friedrichsdorfer Wasserleitung, konstruierte einen automatischen Wetterregistrierapparat und bastelte eine Dampfmaschine. Seine Idee, die Sprache elektrisch zu übertragen, verlor er dabei nicht aus den Augen.
1860 erreichten seine Versuche die erfolgreiche Phase, der erste telefonisch übermittelte Satz lautete:
"Das Pferd frißt keinen Gurkensalat."
Reis entwickelte seine Erfindung weiter; im Laufe der Zeit entstanden zehn verschiedene Formen des Gebers (heute Mikrophon genannt) und vier des Empfängers.
1863 stellte Reis der Physikalischen Naturforschungsversammlung sein Telefon vor und konnte 1864 selbst skeptische Wissenschaftler überzeugen. Daraus resultierte auch seine Auffassung sein Apparat werde "... auch ohne eine Beschreibung in den Annalen bekannt werden." Dass dies ein schwerer Irrtum sein würde, erkannte Reis in der ausbleibenden finanziellen Unterstützung zur weiteren Entwicklung und Anwendung seiner Erfindung.
Bedingt durch eine rasch fortschreitende Lungenschwindsucht konnte Reis seit 1872 kaum selbst mehr sprechen und musste seinen Beruf aufgeben. 1874 verstarb er am 14. Januar in Friedrichsdorf. (2)
Text: K. Nemitz
Anmerkungen
(1) Gedenkfeier für P. Reis, den Erfinder des Telefons, am 26.10.1961, Hrsg. Vom Phys. Verein zu Frankfurt (M) 1972
(2) G. Bause, S.Willgast "Biographien bedeutender Techniker" Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin 1957, S. 198f.